Befiederte und Befellte Helfer beim Waldbau – Vögel und Säugetiere.
Gerade sind wieder einige Stürme übers Land gegangen. Zum wiederholten Male haben sie hunderttausende Bäume gebrochen oder entwurzelt. Und zum wiederholten Male diskutiert man nun wieder wie mit jenen Wäldern umgegangen werden soll bzw. wie man diese Wälder „wieder herstellt“.
Bei diesem Prozess gibt es viele „befiederte und befellte Kollegen“, die uns dabei behilflich sein können…
Vögel säen Wälder
Etliche heimische Vogelarten können auf verschiedenste Arten „Wälder verbreiten“!
Der Eichelhäher ist bei uns wohl der bekannteste und bedeutendste „Wald-Gärtner“: Bis zu 5000 Eicheln oder Bucheckern versteckt jeder Häher jeden Herbst und legt sich damit einen Futtervorrat für den Winter an.
Diese Wintervorrate der Häher werden bewusst an besonderen Orten deponiert: Waldränder, Wurzelstubben, Wurzelteller, umgestürzte Bäume, Waldlichtungen. Dank dieser markanten Plätze hilft der Häher auch seinem phänomenalen „Wiederfinde-Gedächtnis“ auf die Sprünge – je mehr er wiederfindet desto eher übersteht er den Winter!
Diese markanten Sonderplätze sind jedoch häufig identisch mit optimalen Keimplätzen der deponierten Waldfrüchte. Je mehr der deponierten Früchte der Häher also nicht wiederfindet desto mehr neue Waldbäume können potenziell keimen. Der Eichelhäher hortet also für sich und spendet für den Wald.
Die Pflanzleistung von Eichelhähern können gewaltig sein: Bis über die Hälfte der deponierten Früchte findet der Häher nicht wieder – es können also bis zu 2500 Bäume von einem einzelnen Vogel pro Jahr „gepflanzt“ werden.
Wenn wir uns vor Augen führen, dass wir in Deutschland eine durchschnittliche Dichte von etwa 10 Paaren Eichelhäher pro 100ha haben, ist dies eine Gesamtpflanzleistung von ca. 50000 Bäumen/100ha/Jahr. In zehn Jahren sind das 500000 Bäume – ein gewaltiger Beitrag zu einem natürlichen Wiederbewaldungsprozess!
Es wird vermutet, dass die rasche Nordwanderung der Eiche nach der letzten Eiszeit zu einem guten Teil auf den Flug- und Pflanzfähigkeiten der Eichelhäher beruhen.
Früchtetragende Sträucher – „Hier bin ich“ fürs Vogelauge
Die leuchtend roten Beeren zahlreicher heimischer Sträucher (Vogelbeere, Gemeiner Schneeball, Roter Holunder, Pfaffenhütchen, Weißdorn, Rote Heckenkirsche etc.) sind fürs Vogelauge extrem gut wahrnehmbar. Sie wirken als „Leuchtfeuer“ und signalisieren den Vögeln „Friss mich, ich bin lecker“. Werden die roten Früchte dann gefressen passiert der innenliegende Samen den Vogeldarm und wird wieder ausgeschieden. Dabei umschließt den keimfähigen Samen noch zusätzlich ein nährstoffreicher Kotmantel, der die Keimbedingungen der Samen noch deutlich verbessert – auch hier eine Win-win Situation für Vogel und Pflanze!
Noch erstaunlicher ist jedoch die Leistung des Tannenhähers in den weiten Nadelwäldern des Ostens oder den Bergregionen der Alpen. Besonders bei der Verbreitung der Zirbelkiefer kann der Häher potenziell enormes leisten. Er ist in der Lage die massiven Samenschuppen der Zirbelkiefer aufzupicken und dann verteilt jeder Häher 50000 – 100000 Samen der Zirbelkiefer jedes Jahr. Allerdings findet er bis zu sagenhafte 80 Prozent der Samen wieder!
Aber selbst wenn auch nur jeder tausendste versteckte Samen keimt wäre dies auch schon ein gewichtiger Beitrag zur Verbreitung der Zirbelkiefer.
Es sind aber nicht nur die beiden Häherarten die in Berg- und Flachland für reiche „Pflanzung“ sorgen.
Zahlreiche weitere gefiederte Forstleute!
Dutzende weitere heimische Vogelarten beteiligen sich eher im Verborgenen an der „wundersamen Gehölzvermehrung“: Mönchsgrasmücken fressen Holunderbeeren, Kleiber verstecken Hainbuchensamen, Ringeltauben naschen an Vogelbeeren…apropos Vogelbeere (oder Eberesche): Fast siebzig heimische Vogelarten fressen die Vitamin‑C reichen Früchte und verteilen dann die Samen während ihrer anschließenden „Flug- und Sch… ‑route“.
Wie viele Gehölzsamen jedes Jahr von Vögeln verbreitet werden lässt sich nur schwer schätzen – es werden zig Millionen sein!
Auch Säuger sind als „Waldbauern“ aktiv
Auch das fleißige Eichhörnchen versteckt bis zu 10000 Früchte pro Jahr und findet ähnlich wieder Eichelhöher einen großen Teil nicht wieder.
Auch unsere heimischen Marderartigen sind fleißige Beerenesser: Baum- und Steinmarder nehmen auch gerne Vogelbeeren und auch der Waschbär steht zahlreichen Pflanzensamen sehr wohlwollend gegenüber. Ob und welchen Beitrag diese Arten jedoch zur Vermehrung von Gehölzen leisten können ist bislang noch kaum erforscht.
Auch unsere Schalenwildarten fressen sehr gerne Früchte heimischer Straucharten: Unter früchtetragenden Vogelbeeren versammeln sich bspw. sehr gerne Brunftrudel und warten begierig auf das Herunterfallen der schmackhaften Früchte. Auch hier passieren die Samen der Vogelbeere dann den Verdauungstrakt und werden über die Hirschlosung wieder keimfähig ausgeschieden.
Burkhard Stöcker