Vom Regen in die Traufe – von der Dürre ins Hochwasser … und zurück
Hochwasser und wir
Bisher kannten wir so etwas nur aus dem entfernten Ausland: weggeschwemmte Häuser, fortgespülte Straßen, übereinander getürmte „Spielzeugautos“ – ertrunkene Menschen. Die letzten derartigen Bilder erreichten „breitenmedial“ das deutsche Fernsehpublikum während der Tsunami Katastrophe im Pazifik.
Wirkliche „Hochwasserkatastrophen“ fielen bei uns bislang meist nur „mäßig katastrophal“ aus. Fast ausschließlich Sachschäden waren zu beklagen.
Mehr als nur Klimawandel …
Klimawandel, Klimawandel, Klimawandel tönt es jetzt durch die grüngetönten Medien – aber weder werden alle weiteren Windparks noch die flächigen Sonnenkellektoren uns vor weiteren Hochwasserkatastrophen bewahren. Natürlich sind es auch die klimawandelbedingten extremen Witterungsereignisse, die nun offenbar in immer engeren Intervallen auch Mitteleuropa heimsuchen: Trockenzeiten, Stürme, Hochwasser, Feuer.
Aber die „klimabedingte Hochwasserkatastrophe“ ist nur ein Teil der Wahrheit …
Es kommen sehr, sehr viele weitere „man Made“ Komponenten hinzu
Starkregen trifft auf ausgemergelte zu Beton verhärtete Böden
Zahlreiche Böden neigen bei extremer Trockenheit dazu „steinhart“ zu werden. Wassermassen, die auf diese Böden treffen fließen zügig ab. Derartige Böden müssten erst allmählich durchfeuchtet werden bevor sie in der Lage wären wieder Wasser in nennenswertem Umfang aufzunehmen. Im Berchtesgadener Land war dies neben der engen Talbebauung auch einer der Schlüsselfaktoren.
Landbewirtschaftung bestimmt wesentlich Wasseraufnahmefähigkeit
Gut durchwurzelte, vitale, bewachsene Böden können viel mehr Wasser aufnehmen als degradierte: Natürliche Wälder nehmen mehr auf als Nadelforste, Grünland deutlich mehr als die meisten Ackernutzungen, locker gepflasterte Wege deutlich mehr als asphaltierte usw. – naturnahe Wälder sind bei uns die Speerspitze der Wasseraufnahmefähigkeit!
Versiegelung lässt Wasser nicht mehr versickern
Seit nahezu fast einem Jahrhundert werden pro Tag in unserem Land im Rahmen der „zivilisatorischen Entwicklung“ durchschnittlich über fünfzig ha Fläche überbaut: Häuser, Verkehrswege, Industrieanlagen …
Regenwasser, dass auf diese Flächen trifft kann nicht in den Boden eindringen – es muss abgeleitet und kanalisiert werden. Gewachsene, natürliche Böden, die in der Lage sind, auch große Wassermengen langsam versickernd aufzunehmen … – werden immer weniger und daher werden die Wassermassen immer gewaltiger mit denen Bäche, Flüsse, Kanalisation bei Starkregenereignissen kurzfristig fertig werden müssen.
Die Fließgewässer haben keine Auen mehr
Bei Hochwasser breitet sich Wasser normalerweise in die natürlichen Fluss-Auen aus und versickert dort langsam und gemächlich. Gibt es keine Auen mehr und sind Flüsse und Bäche in einem engen künstlichen Korsett verschwunden (wie die meisten unserer Fließgewässer!) schießen große Wassermengen flussabwärts. Und je mehr Wassermassen durch „enge Gassen strömen“ desto gewaltiger und zerstörerischer werden ihre Kräfte …
Unser Lebensstil stimuliert Hochwasser …
Jedes neu gebaute Haus, jeder neue Industriepark, jede gepflasterte Auffahrt, jede geflieste Terrasse, jeder landwirtschaftliche oder forstliche Weg, der unter einer Asphaltdecke verschwindet, … ich hätte beinahe gesagt: jeder mit Teerpappe überdachte Hochsitz …stimuliert Hochwasser.
Es ist nicht primär der Klimawandel, der zu Hochwasserkatastrophen führt – es ist jeder einzelne von uns: Jeder, der gewachsenen Boden in wie auch immer gearteten „Stein“ verwandelt – oder mit seiner Landnutzung dafür sorgt, dass degradierte Forst oder Landwirtschafts-Böden kaum mehr Wasser aufnehmen können.
Es ist letztlich eine recht einfache Formel: unser Lebensstil befeuert in vielerlei Hinsicht jene Katastrophen, seien es nun die Dürren der vergangenen Jahre, seien es die aktuellen Hochwasserkatastrophen.
So wenig, wie wir der „Trockenheit trotzen“ können – können wir über „Hochwasser herrschen“ – im Grunde zeigen uns all jene Ereignisse nur, dass wir mit Natur anders umgehen müssen als wir dies bislang getan haben, dass wir nach Arten des Wirtschaftens suchen müssen die natur-pfleglich sind. Den Kampf gegen Trockenheit und Hochwasser werden wir zukünftig immer wieder verlieren – wenn wir nicht vieles ändern.
Burkhard Stöcker